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Wann gilt Bellen als Lärm


Autor: Wuff-Redaktion / Ausgabe: 2006-11

Manche Menschen sind über das Bellen eines Hundes derart erbost, dass sie die Polizei rufen oder den Nachbarn gar anzeigen. Das Argument dabei ist häufig die Störung der „öffentlichen Ordnung". Was bedeuten dieser und andere Begriffe in diesem Zusammenhang? Was ist ortsüblicher Lärm? Wie stehen die Gerichte zu diesem Thema? Antworten auf diese und andere Fragen von der WUFF-Tierrechtsexpertin Dr. Daniela Kuttner.


Jeder Hund will sich mitteilen und seine Umgebung über seine Beobachtungen informieren. Wenn mein Hund beispielsweise den Postler beim Aufsperren der Anlage mit dem Zustellerschlüssel hantieren hört, schlägt er an. Er will, dass seine Umgebung Bescheid weiß, dass wieder eine nicht zur Wohnanlage gehörige Person da ist, und bellt laut hörbar. Leider verstehen die Menschen die „lautmalerische Sprache des Hundes", das Bellen, nur in geringen Ansätzen.

Manche Menschen bevorzugen – wohl vielfach aus diesem Unverständnis heraus –, die Straf- und Verwaltungsbehörden mit Anzeigen wegen Lärms durch den Hund zu beschäftigen. Dabei spielt der Begriff der „öffentlichen Ordnung" eine entscheidende Rolle. Andere Menschen wiederum klagen ihre Nachbarn vor den Zivilgerichten.

Was ist die „öffentliche Ordnung"?
Der Begriff „öffentliche Ordnung" umfasst die Gesamtheit jener umschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Befolgung als unentbehrliche Voraussetzung für ein gedeihliches Miteinanderleben der Menschen angesehen wird. Durch ungebührliche Lärmerregung kann die öffentliche Ordnung gestört werden.

Wann entsteht Lärm ungebührlicherweise?
Das Erregen störenden Lärms (siehe Kasten) geschieht nach der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ungebührlicherweise, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärms führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss. Wer ungebührlich Lärm erregt, begeht eine Verwaltungsübertretung.

Auch Hundegebell zählt grundsätzlich zu den Immissionen. Bei entsprechender Intensität der Lärmerregung kann nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ein auch nicht allzu lange andauerndes Hundegebell nicht nur störend, sondern auch ungebührlich sein.
Aber nicht jedes Bellen ist unzumutbar, so viel steht fest. Lautes und anhaltendes Bellen zweier Schäferhunde – im Unterschied zu einmaligem Bellen – in einem Hinterhof im Wohngebiet sieht der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise als unzumutbare Belästigung. Der Verwaltungsgerichtshof meint dazu, dass eine solche Verwahrung des Hundes erforderlich sei, dass Menschen, die nicht im selben Haushalt wohnen, durch das Bellen nicht unzumutbar belästigt werden. Der Verwaltungsgerichtshof befass-te sich leider in diesem Zusammenhang nicht mit der Frage, ob das Bellen auf eine artspezifische Verhaltensweise der Hunde zurückzuführen und unterbindbar ist. Es wird also im Einzelfall darüber zu entscheiden sein, welche Belästigung unzumutbar ist.

Welche Begriffe sind im Zivilrechtsverfahren bei Lärmentwicklung wesentlich?
Der Nachbar kann auch versuchen, sich auf dem Zivilrechtsweg gegen Hundegebell zu wehren. Er wird dann mit seiner Klage erfolgreich sein, wenn das Gebell des Hundes das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreitet und die ortsübliche Benutzung der Nachbarwohnung wesentlich beeinträchtigt. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichte richtet sich der Anspruch nach § 364 ABGB außer gegen den Störenden selbst auch gegen den Grundeigentümer.

Was ist ortsüblich?
Bei der Frage der Ortsüblichkeit ist insbesondere auf die Lage des beeinträchtigten Grundstückes zu jenem, von dem die Störung ausgeht, sowie auf die Verhältnisse der unmittelbaren Umgebung abzustellen.

Wie wird die Intensität der Störung beurteilt?
Bei der Beurteilung der Intensität der Störung ist nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes auf die Empfindlichkeit eines Durchschnittsmenschen in der Lage des Beeinträchtigten abzustellen. Der klagende Nachbar hat die Überschreitung des ortsüblichen Geräuschpegels und die dadurch entstehende Unbrauchbarkeit seines Grundstückes zu beweisen.

Was gilt, wenn andere Hunde in der Umgebung auch bellen?
Wenn in der Umgebung Hundegebell ist, setzt eine Klagsstattgebung zumindest voraus, dass eine Überschreitung der allgemeinen Geräuschkulisse, inbesondere des sonstigen von umliegenden Grundstücken ausgehenden Hundegebells festzustellen wäre. Hierbei sind Länge und Intensität der Geräuschentwicklung anderer Hunde und jenes des betroffenen Hundebesitzers einander gegenüberzustellen.

--> Die Untersagung jeglichen Hundegebells kommt für den Obersten Gerichtshof jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn Hundegebell im betreffenden Gebiet durchaus üblich ist.

Bei der Beurteilung Ihrer Situation und der Abwehr von Ansprüchen der Nachbarn oder in verwaltungsbehördlichen Verfahren empfehle ich, die Leistungen des Rechtsanwalts in Anspruch zu nehmen, um empfindliche Rechtsnachteile abzuwehren.

Dr. Daniela Kuttner


KURZ GESAGT:

Verwaltungsgerichtshof: Was bedeutet störender Lärm?
Was zählt der Verwaltungsgerichtshof zu Lärmentwicklungen? Was versteht er unter störendem Lärm?

Lärmentwicklungen sind mittelbare Immissionen, die insoweit verboten werden können, als sie das ortsübliche Ausmaß überschreiten.

Unter störendem Lärm versteht der Verwaltungsgerichtshof die wegen ihrer Lautstärke für das menschliche Empfindungsvermögen unangenehm in Erscheinung tretenden Geräusche.

Diese Geräusche können vom „Täter" unmittelbar durch Betätigung der menschlichen Sprechorgane oder durch Verwendung von Werkzeugen, Lautsprechern und ähnlichen Gegenständen oder mittelbar dadurch hervorgerufen werden, dass sich der „Täter" eines „willenlosen Werkzeuges" bedient, wie etwa eines bellenden Hundes.


Die Expertin

Die Rechtsanwaltskanzlei der Autorin Dr. Daniela Kuttner ist auf Tierrecht spezialisiert und überaus tierfreundlich. Tatkräftige moralische Unterstützung bietet der 8-jährige Hund der Verfasserin namens „Scotty"… Die Verfasserin ist auch Umweltmanagerin und Mediatorin.

• Dr. Daniela Kuttner, MAS,
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Telefon: 01/789 06 12 41 oder 0699/81 81 82 82,
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